Die Härtsfeldbahn erhielt im Lauf der Jahrzehnte verschiedene Bauformen von Personenwagen: zunächst eine Grundausstattung aus fabrikneuen Fahrzeugen der Firma Herbrand, wenig später Gebrauchtfahrzeuge aus dem Konzernverbund der Filderbahn, die auch auf der Stuttgarter Zahnradbahn - der "Zacke" - bis in die 80er Jahre eingesetzt wurden und nach dem Zweiten Weltkrieg Gebrauchtfahrzeuge aus der Schweiz aus der Ursprungsausstattung der Brünigbahn, um kurzfristig kriegsbeschädigte Fahrzeuge ersetzen zu können. Auf den Fahrgestellen der Herbrand- und der Brünigwagen entstanden in den 50er Jahren die Triebwagenanhänger, die - optisch den Triebwagen angepasst - einen neuen Aufbau der Firma Auwärter erhielten. Alle diese Fahrzeugtypen sind auch heute noch in Neresheim anzutreffen und größtenteils auch schon in den Museumszügen im Einsatz. Sie sollen nun hier im Detail vorgestellt werden. Daneben gab es noch zwei andere Wagentypen, die heute nicht mehr vorhanden sind.

Die Herbrandwagen

Wie beim Bau von Bahnstrecken im 19. und beginnenden 20. Jahrhundert üblich, erhielt die Härtsfeldbahn einen Grundstock an Rollmaterial, um den Betrieb auf der zunächst knapp 39 km langen Strecke zwischen Aalen und Ballmertshofen mit vier Zugpaaren täglich abwickeln zu können. Die Lieferung von sieben vierachsigen Drehgestell-Personenwagen der Firma Herbrand aus Köln stellte dabei ein durchaus eine gehobene Ausstattung dar, waren doch damals zweiachsige kurze Wagen mit starren Achsen üblich, gerade für Nebenbahnen. Bei diesen Wagen handelte es sich jedoch quasi um "Katalogware", da viele Waggonfabriken um die Jahrhundertwende eine typische Auswahl an Fahrzeugen für Nebenbahnen anboten, aus denen sich die zahlreichen Bahngesellschaften bedienen konnten. Individuelle Anpassungen bezüglich der Ausstattung wie auch der Abmessungen waren dabei jedoch üblich. Da von den originalen Herbrandwagen der Härtsfeldbahn keiner mehr in seiner Ursprungsausführung mehr vorhanden ist, war es daher möglich, ein baugleiches Fahrzeug aufzuspüren, zu erwerben und im Aussehen der früheren Härtsfeldbahnwagen wieder einsatzfähig zu machen. 

Wir haben noch einen (fast) baugleichen Herbrand Vierachser abgestellt bei der Brohltalbahn entdeckt und konnten diesen Dank der großzügigen Unterstützung von Franz Rieger, Chef des Möbelhauses Möbel Rieger, der uns im Namen seines Unternehmens die Anschaffung mit einer großen      Summe gesponsert hat, erwerben. Durch weitere Spenden einiger Mitglieder      konnten der Kaufpreis und die Transportkosten ausschließlich mit      Spenden finanziert werden. Nach knapp fünfjähriger Aufarbeitungszeit ging der Wagen zur Bahnhofshocketse am 12. August 2006 - in Anlehnung an die originalen Wagen 1 bis 4 als HMB 5 beschriftet - in Betrieb. Dieser Wagen wurde ursprünglich an die Oberrheinische Eisenbahngesellschaft (OEG) geliefert, die heute noch als Rhein-Neckar-Verkehr GmbH eines der größten Meterspurnetze zwischen den Städten Mannheim, Weinheim und Heidelberg mit modernen Straßenbahnfahrzeugen betreibt. Er unterscheidet sich wie folgt von den Originalfahrzeugen:

 
OEG 
Härtsfeldbahn 
  
Gewicht    11.900    11.000    kg 
Länge über Puffer    11.320    11.600    mm 
Drehzapfenabstand    6.000    7.000    mm 
Drehgestellradstand    1.200    1.200    mm 
Wagenhöhe    3.400    ca. 3.300    mm 
Wagenkastenlänge    8.610    8.580    mm 
Wagenkastenbreite    2.360    2.650    mm 
Plattformtiefe    1.000    1.000    mm


Die betriebsfähige Aufarbeitung des HMB 5

Auf den folgenden Seiten können Sie die Arbeiten am HMB 5 verfolgen. Aufgrund der inzwischen recht umfangreichen Bildersammlung von der Aufarbeitung des Wagens sind die Seiten aufgeteilt:

Die Zackewagen

Im Jahr 1906 wurden vier Zahnradbahnwagen der Stuttgarter Zahnradbahn (damals Filderbahn) für den Einsatz bei der Härtsfeldbahn umgebaut, nachdem durch die Streckenverlängerung ins bayrische Dillingen an der Donau ein Mehrbedarf an Personenwagen entstand. Es handelte sich hierbei um zweiachsiger Personenwagen, die etwas kürzer waren als die Herbrandwagen. Sie kamen bis zur Lieferung der Triebwagen in den 50er Jahren zum Einsatz, ein Umbau in Triebwagenanhänger fand nicht statt. Diese vier Wagen wurden nach unserem Kenntnisstand zwischenzeitlich allesamt verschrottet. 

Nach der Modernisierung der Stuttgarter Zahradbahn in den 1980er Jahren wurden die dort noch existierenden alten Zahradbahnwagen entbehrlich und an diverse Interessenten abgegeben. Zwei Wagen sind im Straßenbahnmuseum in Stuttgart gelandet, weitere gingen an einen Privatmann (SSB 117), an ein geplantes Straßenbahnmuseum in Schönau (SSB 116) und an das Straßenbahnmuseum Hannover (SSB 119). Nach und nach haben wir die drei letztgenannten Wagen der alten Stuttgarter Zahnradbahn erworben um sie zu Personenwagen umzubauen. Die Wagen waren jahrelang im Freien und meist ohne Witterungsschutz abgestellt und sind zum Teil sehr stark angegriffen. HMB 1 wurde in der Zwischenzeit aufgearbeitet und wird seit 2001 im Personenzugdienst eingesetzt. HMB 2 und seit 2009 HMB 4 wurden einigermassen konserviert abgestellt, um den weiteren Verfall aufzuhalten. Sie sollen ebenfalls restauriert und umgebaut werden. Eines der Probleme beim Umbau der Wagen ist die Bremsanlage. Die Wagen hatten nämlich alle nur eine Zahnradbremse auf der talseitigen Achse und keine Adhäsionsbremse. Diese müssen wir nach dem Vorbild des Umbaus von 1906 nachbauen.

Die Brünigwagen

1949 verkaufte die Schweizerische Bundesbahn (SBB) insgesamt sechs dreiachsige Wagen der meterspurigen Brünigbahn Luzern - Meiringen - Interlaken nach Württemberg. Vier dieser Wagen kamen zur Härtsfeldbahn, die restlichen zwei gelangten zur Nebenbahn Amstetten - Laichingen.

Bereits 1888, als auf dem Härtsfeld noch niemand an die konkrete Realisierung eines Bahnanschlusses dachte, nahm die Jura - Bern - Luzern-Bahn (JBL) den Betrieb auf der Brünigbahn mit insgesamt 32 dreiachsigen Personenwagen auf. Durch weitere Nachbeschaffungen erreichte der Bestand schließlich 93 Wagen mit einem Sitzplatzangebot von rund 3200 Plätzen. 

Es handelte sich dabei um Wagen unterschiedlichster Typen: vom Polsterklasse-Wagen mit üppiger Innenausstattung bis zum bescheidenen Drittklass-Wagen waren alle Abstufungen anzutreffen. Alle Typen besaßen das gleiche dreiachsige Untergestell, wobei die mittlere Achse in einem besonderen Rahmen seitenverschieblich angebracht war und ein Bremszahnrad für die Zahnstangenabschnitte zwischen Giswil und Meiringen aufwies. 

Mit dem Bau der Wagen hatte die JBL die Schweizerische Industriegesellschaft in Neuhausen (CH) beauftragt. Viele Einzelteile des Fahrgestells wie Achsen und Bremsbestandteile wurden "en gros" von der Firma van der Zypen in Köln bezogen. Die Wagen hatten bei einem Platzangebot von 24 bis 40 Sitzplätzen ein Leergewicht von 7 bis 8 Tonnen. Der Radstand der knapp 10 Meter langen Wagen betrug 6 Meter. Heizungen gab es nur in Wagen, die auch im Winter verwendet wurden. Das Wageninnere wurde durch Petroleumlampen erhellt. 

Mit der Inbetriebnahme von bequemeren Vierachswagen begann ab 1926 die Ausrangierung der Wagen. Durch die Inbetriebnahme von Leichtmetallwagen zwischen 1945 und 1948 verringerte sich der Bestand deutlich. 1955 wurden schließlich die letzten Dreiachser ausrangiert. Einige haben sich als Dienstwagen bis in die jüngste Zeit gerettet. Die Ballenberg-Dampfbahn (Interlaken) hat vier Wagen in ihren ursprünglichen Zustand zurückversetzt. Bei der Touristikbahn Blonay - Chamby am Genfer See findet sich ein weiterer Wagen.

Die vier Wagen für die Härtsfeldbahn wurden 1949 angeliefert und so schnell wie möglich in Betrieb genommen. Die mittlere Achse mit dem Bremszahnrad war vermutlich schon in der Schweiz gegen eine normale Achse getauscht worden. Die Wagen wurden mit der auf dem Härtsfeld üblichen Zug- und Stoßvorrichtung versehen. Schadhafte Stellen an den Wagenkästen wurden ausgebessert. Die SBB-Beschriftung wurde übermalt. Schließlich erhielten die Wagen die Nummern 10 bis 13 und konnten damit in Betrieb gehen.

Die Nummer der Wagen hatte sich im Lauf der Jahre mehrfach geändert:

Baujahr JBL ab 1890 ab 1905 zw. 1915  u. 1920 WN / WEG als Beiwagen
1889 461 1161 211 639 6 7
1888 458 1158 208 648 7 6
1888 453 1153 203 646 10 -/-
1892 -/- 1172 222 652 11 253
1889 463 1163 213 636 12 254
1889 460 1160 210 638 13 -/-


Im Zusammenhang mit der Verdieselung der Härtsfeldbahn wurden die Wagen in den Jahren 1956 bis 1960 modernisiert. Eine neue durchgehende Stromleitung wurde eingebaut. Damit war die heimelige Zeit der Petroleumfunzeln vorbei. Für wohlige Wärme sorgte von nun an eine WEBASTO-Heizung. Auch die Dächer der Wagen wurden in diesem Zeitraum gerichtet.

Anfang der 60er Jahre baute man bei den Wagen 11 und 12 die mittlere Achse aus. Dem dadurch verschlechterten Fahrverhalten versuchte man durch stärkere Blattfedern entgegenzuwirken. Schließlich wurden im Mai 1962 in Neresheim die Wagenkästen der beiden Wagen abgebrochen. Die Fahrgestelle wurden zur Firma Auwärter in Stuttgart-Möhringen gebracht, die diese im Winter 1962/1963 mit neuen Wagenkästen versah. 

Das eine Ende der Wagen war wie die vierachsigen Beiwagen 101 und 103 geschlossen und mit zwei großen Fenstern versehen. Auf der anderen Seite hatten die Wagen einen Übergang ähnlich den damals eingesetzten 3yg-Umbauwagen der Deutschen Bundesbahn erhalten. Die Wagen verkehrten fortan Übergang an Übergang als Doppelwagen-Einheit, so daß man trockenen Fußes von einem Wagen in den anderen gelangen konnte. Der Einstieg war nur noch auf der mit dem Übergang versehenen Seite durch Falttüren möglich. 

Die nun als 253 bzw. 254 bezeichneten Wagen erhielten den Spitznamen "Ziehharmonika". Sie waren aufgrund ihres unruhigen Laufs beim Personal und anscheinend auch bei den Fahrgästen nicht sonderlich beliebt. Dennoch wurden Sie bis zur Stilllegung der Härtsfeldbahn im Herbst 1972 eingesetzt.

Am 6.6.1973 wurden sie offiziell außer Betrieb gestellt und am 7. und 8. Juni 1973 nach Laichingen transportiert. Dort blieben sie abgestellt bis sie am 5. Februar 1976 für 30.000,- DM (zzgl. Mwst.) an die Schiffahrt der Inselgemeinde Langeoog verkauft wurden. Das gemeindeeigene Schiffahrtsunternehmen betreibt auch die dortige Inselbahn. Die Wagen wurden unverzüglich zur Bremer Waggonfabrik überführt, die den Aufbau um 30 cm verschmälerte und an den Enden der Wagen Scharfenbergkupplungen anbaute. Untereinander blieben die Wagen mit der Härtsfeldbahn-Kupplung verbunden. 

Seit Sommer 1976 waren die Wagen als VB 5 und 6 in blauer Lackierung auf Langeoog im Einsatz. 1994 wurde der gesamte Fahrzeugpark auf Langeoog erneuert. Dabei wurden die Wagen abgestellt. 1998 wurden Sie an den Kleinbahnmuseumsverein "Jan Klein" in Wittmund veräußert. Das Vorhaben dieses Vereins, ein kleines Eisenbahn-Museum einzurichten, scheiterte und so blieben die Wagen auf dem Gelände einer Spedition stehen. Da man dort nichts damit anfangen konnte wurden sie an eine befreundete Firma in Wilhelmshaven verkauft. Dort wollte man die Fahrzeuge als Aufenthaltsraum nutzen. Doch auch dieses Vorhaben zerschlug sich, so dass die Wagen abermals zur Abgabe standen. Über gute Beziehungen wurden die Härtsfeld-Museumsbahner auf den Verbleib der Wagen aufmerksam und so hat es sich ergeben, dass die Wagen am 3. April 2002 nach dem Motto "Einmal Schwabenland - Nordseestrand und zurück" in ihrer alten Heimat eintrafen.

Im Gegensatz zu den Wagen 11 und 12 blieben die beiden Wagen 10 und 13 unverändert im Einsatz. Im August 1961 wurden sie ein letztes Mal einer Hauptuntersuchung unterzogen. Nach Ablieferung des neuen Doppelwagens 253/254 wurden sie nicht mehr benötigt und 1963 in Neresheim abgestellt. Ende 1967 interessierte sich der Deutsche Eisenbahn-Verein in Bruchhausen-Vilsen bei Bremen für den Wagen 13. Dieser sollte angeblich etwa 100,- DM kosten. Der Wagen blieb jedoch - wie auch die Nummer 10 - in Neresheim. Die Finanzierung des weiten Transports kam leider nicht zustande. Beide Wagen standen noch 1971 in schlechtem Zustand in Neresheim. Sie sollen erst nach Einstellung der Bahn bei einer Feuerwehrübung warm abgebrochen worden sein.

Die beiden zur WEG-Nebenbahn Amstetten - Laichingen gelangten Wagen hatten wiederum ein anderes Schicksal. Ähnlich wie die Härtsfeldbahn-Wagen wurden sie nach Ihrem Eintreffen zügig den Gegebenheiten der Nebenbahn angepaßt. Dabei erhielten sie die Nummern 6 und 7. Bereits 1957 wurden sie bei Auwärter mit neuen, modernen Wagenkästen versehen. Im Gegensatz zu dem Härtsfeldbahn-Doppelwagen behielten sie jedoch ihre Mittelachsen. 

Die Betriebsnummern wurden beim Umbau vermutlich unabsichtlich vertauscht. Aus dem Personenwagen 6 wurde Beiwagen 7 und umgekehrt. Der alte Wagenkasten mit der Nummer 7 blieb erhalten und wurde in Laichingen als Lagerraum neben den Schienen aufgestellt. Da das Personenverkehrsaufkommen zwischen Amstetten und Laichingen nicht so hoch war, genügte es in der Regel, nur einen der beiden Wagen einzusetzen.
Nachdem die beiden Härtsfeldbahn-Beiwagen 101 und 103 in Betrieb genommen worden waren, wurden beide Wagen 1978 abgestellt. Die Deutsche Gesellschaft für Eisenbahn-Geschichte (DGEG), die bereits 1974 den alten Wagenkasten Nr. 7 erworben und nach Möckmühl an der Jagsttalbahn überführt hatte, erwarb nun auch die beiden Wagen.

Beiwagen Nr. 6 blieb in Laichingen und gelangte 1986 in den Besitz des Härtsfeld-Museumsbahn e.V.. Nach dem Abbruch des Wagenkastens wurde das Fahrgestell nach Neresheim transportiert, wo es heute auf dem Abstellgleis steht und darauf wartet, eines Tages wieder mit einem Wagenkasten versehen zu werden.
Der moderne Wagenkasten des Beiwagens 7 wurde 1980 abgebrochen. Das Fahrgestell und und die auf 750 mm Spurweite umgespurten Radsätze wurden 1982 nach Möckmühl überführt, wo man 1983 mit der Aufarbeitung des Wagens begann. Radsätze und Fahrgestell wurden aufgearbeitet. Der alte Aufbau wurde in mühevoller Arbeit - allerdings in roter Lackierung - wieder aufgebaut. Mit Teilen ehemaliger Härtsfeldbahn-3-Achser wurde ein Abteil in den Originalzustand zurückversetzt. Das andere Abteil wurde mit einfacheren Holzsitzbänken ausgestattet.

1988 wurde der Betrieb auf der Jagsttalbahn aufgrund von Oberbaumängeln eingestellt. Der Wagen 7 der DGEG kam nie zum Einsatz. Nach Abbruch des Streckenabschnitts Möckmühl - Widdern der Jagsttalbahn war die DGEG gezwungen, ihr Domizil in Möckmühl zu räumen. Die Fahrzeuge wurden in alle Himmelsrichtungen verstreut. 

Jahrelange Bemühungen haben dazu geführt, daß der Härtsfeld-Museumsbahn e.V. den Wagen 7 von der DGEG anmieten konnte. Am 10. Oktober 1998 wurde der Wagen aus dem Schuppen in Möckmühl gezogen, verladen und nach Neresheim transportiert. Dort wurde die Renovierung des bald schon als "Salonwagen" titulierten Fahrzeugs abgeschlossen. Wagen 7 konnte erstmals wieder am 19. Mai 2001 und dann anlässlich der Eröffnung der Härtsfeld-Museumsbahn am 19./20./21. und 27./28. Oktober 2001 zur Personenbeförderung eingesetzt werden. 


Die Triebwagenanhänger behandeln wir in einem eigenen Artikel.