Der MAN-Dieseltriebwagen T 37 "Messias"
Aktuelles
Der Wagenkasten des Triebwagens steht aufgebockt unter einer Plane auf dem Betriebsgelände in Neresheim. Eines der beiden ausgebauten Drehgestelle wurde zerlegt, mit der Überarbeitung wurde begonnen. Viele Teile des Antriebs und der Inneneinrichtung wurden aufgearbeitet und eingelagert.
Hier folgt zunächst ein Abriss der Geschichte des Fahrzeugs, weiter unten dann der Bericht über die betriebsfähige Aufarbeitung.
Die Geschichte des Fahrzeugs beginnt bei der Südharz-Eisenbahn
Beim Schlepptriebwagen T 37 der Härtsfeldbahn handelt es sich um die einzige Schmalspurvariante der 60 gebauten MAN–Schienenbusse. Während die Regelspurversionen mit einachsigen Deichselgestellen ausgerüstet wurden, erhielt er als einziges Fahrzeug zwei zweiachsige Drehgestelle mit vier angetriebenen Achsen. Ursprünglich bestellt und gebaut für die Südharz-Eisenbahn von Walkenried nach Braunlage, wurde er dort mit der Fabriknummer 145 169 am 4. August 1960 angeliefert. Der Triebwagen erhielt bei dieser Bahn die Bezeichnung VT14 und war hier nur bis zum 3. August 1963 im Einsatz. Danach wurde der Gesamtbetrieb auf der Südharz-Eisenbahn eingestellt und VT 14 stand zum Verkauf.
seiner Ursprungsausführung rangiert VT 14 der Südharz-Eisenbahn Anfang der 1960er Jahre mit einem gedeckten Güterwagen in Wieda Süd in einem Gleisanschluss. (Foto: Archiv HMB)
Der Weg ins Schwäbische
Die Württembergische Eisenbahn-Gesellschaft (WEG) wollte ihn in der Absicht, den Betrieb auf ihrer schmalspurigen Verbindung von Amstetten nach Laichingen zu unterstützen, kaufen, doch es kam anders.
Am 1. Mai 1964 stießen auf der Härtsfeldbahn die beiden wichtigsten Zugpferde, T 30 und T 31, bei Katzenstein frontal so schwer zusammen, dass sie für längere Zeit ausfielen. Ab jetzt herrschte hier akuter Fahrzeugmangel und das Betreiberunternehmen, die Württembergische Nebenbahnen AG, kaufte anstatt ihrer Schwestergesellschaft WEG den VT 14 mit sofortiger Wirkung an.
Der Triebwagen gelangte noch im Mai 1964 nach Neresheim, wurde als T 37 eingereiht und bekam als Retter in der Not vom dortigen Personal den Spitznamen „Messias“. Für einige Monate war er nun das wichtigste Fahrzeug der Härtsfeldbahn und musste neben den schwächeren T 32 und T 33 beinahe den gesamten Betrieb abwickeln. Erst nachdem beide verunglückten großen Triebwagen 1966 wieder im Einsatz waren, konnte T 37 einige Zeit aus dem Einsatz genommen werden, um wichtige Nachrüstarbeiten vorzunehmen. Vor Allem wurden im Jahr 1967 Regelspurpuffer für den Rollbockverkehr angebracht. Außerdem wurde der Wagenkasten vom ursprünglichen Rot/Grau der Südharzeisenbahn in das rot/beige Farbkleid der WN umlackiert. T 37 wurde dann wegen seiner großen Sitzplatzzahl gerne im Sonntags- und Ausflugsverkehr eingesetzt.
der Ausrüstung mit Normalspurpuffern und einem Neulack in rot-beige ist T 37 auf der Steigungsstrecke von Aalen nach Ebnat unterwegs und hier oberhalb von Unterkochen zu sehen. (Foto: Archiv HMB)
Bis zur Stilllegung der Härtsfeldbahn im Jahre 1972 war der geräumige und helle Wagen sehr beliebt, danach war für T 37 auf dem Härtsfeld keine Verwendung mehr. So gelangte er schließlich am 7. Juni 1973 doch noch wie ursprünglich geplant zur Nebenbahn Amstetten - Laichingen. Dort war er bis 1985 in Betrieb, dann wurde auch diese Bahn dem Fahrzeug sozusagen unter den Rädern weg stillgelegt.
In Neresheim gab es zu diesem Zeitpunkt bereits Bemühungen, die Erinnerung an die Härtsfeldbahn am Leben zu halten. Der Verein Härtsfeld-Museumsbahn e.V. wurde gegründet und erste Fahrzeuge wurden zum alten Bahnhofsgelände transportiert. So kam T 37 am 26./27. Mai 1987 wieder in seine alte Heimat nach Neresheim.
Fernziel: betriebsfähige Aufarbeitung des T 37
Als T 37 nach 25jährigem Betriebseinsatz im Jahre 1987 als zukünftiges Museumsfahrzeug wieder in Neresheim stand, hatte der raue Alltag seine Spuren hinterlassen. Der Lack begann zu blättern, viele Druckluftleitungen waren durch Korrosion undicht, der Bremsstaub lag zentimeterdick auf dem Fahrzeugrahmen. Durch verschiedene Unfälle war die Karosserie an vielen Stellen verformt, die elektrische Anlage war durch einige Umbauten in einem unübersichtlichen und schlechten Zustand.
Anfang der 1990er Jahre arbeitete man den Wagenkasten äußerlich durch Spachteln und Lackieren auf, so dass der Triebwagen eine Zeit lang optisch einen ordentlichen Eindruck machte. Die Arbeitskapazitäten der Aktiven im Verein mussten jedoch zunächst auf den Streckenwiederaufbau konzentriert werden. Andere Fahrzeuge, die für den späteren Museumsbahnbetrieb wichtiger waren, mussten ebenfalls Vorrang haben. Leider verschlechterte sich der Zustand deshalb allmählich wieder. Durch die mittlerweile lange und ungeschützte Abstellzeit im Freien hat der Triebwagen sehr gelitten. Fenstergummis härteten durch die UV-Strahlung der Sonne aus und wurden undicht, Wasser konnte dadurch eindringen und die Holzverkleidung sowie den Bodenbelag beschädigen. Vom ursprünglichem Neulack war nichts mehr zu erkennen.
stark durch den jahrzehntelangen Aufenthalt im Freien gekennzeichnet steht T 37 am 12. April 2006 an der Tankstelle im Bahnhof Neresheim. (Foto: Hannes Ortlieb)
Vergleich sieht man sehr gut, wie die Natur am Lack nagt: 25 Jahre vorher, am 21. Juli 1991 glänzte T 37 in frischem beige und rot. (Foto: Werner Kuhn, Archiv HMB)
Es war deshalb höchste Zeit, den weiteren Verfall des Fahrzeugs aufzuhalten und man entschloss sich im Jahr 2006, mit der Aufarbeitung zu beginnen. Die ersten Arbeiten verliefen mühsam und zäh, da der Triebwagen immer noch im Freien abgestellt war und witterungsbedingt oft gar nicht daran gearbeitet werden konnte. Richtig voran ging es mit der Aufarbeitung erst, als T 37 im Jahr 2016 wieder im Neresheimer Lokschuppen auf seinem alten Stammgleis abgestellt werden konnte.
Geplant ist, die Führerstandsseite eins mit dem anschließenden Abteil bis ca. Wagenmitte zuerst aufzuarbeiten. Um den Wagenrahmen und das Druckluftsystem besser überholen zu können, wurden die Sitze und der marode Wagenboden in diesem Bereich ausgebaut.
ie Führerstandsseite 1 von T 37 ist am 4. Juni 2016 aus dem Neresheimer Lokschuppen ins Freie gezogen worden, um an der frischen Luft besser arbeiten zu können. Die an vielen Stellen durchgerosteten Bleche der Rundungen am unteren Teil des Rahmens waren zu diesem Zeitpunkt bereits abgeschnitten. (Foto: Hannes Ortlieb)
Bisher wurden folgende Arbeiten der Führerstandsseite eins ausgeführt:
- Sitzgestelle ausgebaut, entrostet, grundiert und eingelagert
- Wagenrahmen entrostet, grundiert und lackiert
- Mechanik der Handbremse aufgearbeitet
- Bremszylinder aufgearbeitet
- Trittplattenventil aufgearbeitet
- Hilfsluftbehälter und weitere drei Zusatzbehälter aufgearbeitet und geprüft
- Typhon aufgearbeitet
- Läutewerk aufgearbeitet
- Luftabsperrventil Führerstand aufgearbeitet
- Führerbremsventil und Zusatzbremsventil aufgearbeitet
- Steuerventil aufgearbeitet
- Kühler für Motoranlage eins aufgearbeitet
- Kraftstoffbehälter aufgearbeitet
- ca. 2/3 der Druckluftleitungen wurden erneuert
- verschiedene Seitenklappen entrostet, repariert, lackiert
- Seitenfenster und Stirnfenster wurden ausgebaut, Fensterrahmen aufgearbeitet
- Wagenkasten repariert, entrostet und grundiert
- Seitenwandverkleidungen im Innenraum ausgebaut und Wagenkasteninnenseiten aufgearbeitet
- Beide Holzfensterrahmen der Fallfenster Führerstand eins geschliffen und mit Bootslack lackiert
- Holzzierleisten geschliffen und mit Bootslack lackiert
Außerdem wurden bereits beide Diwabuswandlergetriebe sowie ein Büssing-Antriebsmotor von Fachfirmen überholt und eingelagert.
Bilder von der Aufarbeitung gibt es hier.
Damit das Fahrzeug aufgebockt werden kann, wurden im Herbst 2019 vier Spindelhebeböcke mit dazugehörigen Traversen aufgearbeitet und TÜV - geprüft.
Seit Februar 2020 steht das Fahrzeug aufgebockt und mit einer Plane abgedeckt im Freien. Die Drehgestelle sind beide ausgebaut, das erste davon ist fast komplett zerlegt und steht zur Aufarbeitung an.
Leider kam durch die Corona-Pandemie die weitere Aufarbeitung ins Stocken, denn während der Lockdowns galten Abstandsregeln und so konnte nur eingeschränkt in der Werkstätte gearbeitet werden. Nachdem nun die Strecke bis zum Härtsfeldsee in Betrieb gegangen ist und die Aufarbeitung anderer Fahrzeuge abgeschlossen werden konnte oder sich dem Ende nähert, soll es alsbald mit der Aufarbeitung des T 37 weitergehen. Mitmacher und Spenden sind jederzeit willkommen.
Technische Daten
Typ | Bx‘By‘ B4vT |
Baujahr | 1960 |
Hersteller | MAN |
Fabriknummer | 145169 |
Antrieb | Ursprüngliche Motorisierung: 2 x D 1546 MTU2S (180 PS) Heute: 2 x Büssing U11D (210 PS) 2 x Voith Diwabus-Getriebe |
Stationierungen | 1960 – 1963: Südharz-Eisenbahn (SHE), Walkenried - Braunlage, VT 14 1964 – 1972: Württembergische Nebenbahnen AG/GmbH (WN), Härtsfeldbahn Aalen - Neresheim - Dillingen, T 37 1973 – 1985: Württembergische Eisenbahn-Gesellschaft mbH (WEG), Amstetten – Laichingen, T 37 1987 an Härtsfeld-Museumsbahn e.V. (HMB), Neresheim (in Aufarbeitung seit 2006) |
Länge über Puffer (LüP) | 16.200 mm |
Höhe | 3.450 mm |
Breite | 2.950 mm |
Drehzapfenabstand | 10.000 mm |
Gesamtradstand | 12.000 mm |
Leermasse | 26 t |
Sitzplätze | 70 |
Höchstgeschwindigkeit | 40 km/h |